17 Tage Rundreise in Kanadas Westen über zwei Provinzen von Calgary über Banff, Jasper, Clearwater, Whistler, Vancouver Island bis Vancouver. Insgesamt 2441 km.
Schnell wurde mir klar, so viele Eindrücke und Erlebnisse werden wohl kaum
in einen Reisebericht passen… Ich habe versucht (!) mich kurz zu fassen und Bilder sprechen zu lassen! Enjoy!
Die Provinz Alberta
Kananaskis Country und Canmore
Nach 9 Stunden Flug kamen wir in Calgary an. Da wir aus der Großstadt raus wollten, lag unser erstes Hotel außerhalb in Kananaskis Country. Mit dem Mietwagen (Midsize-SUV, hier mal wieder eins der kleineren Autos) ging es somit erst einmal 1,5 Stunden Richtung Rocky Mountains. Diesmal funktionierte auch das Navi auf Anhieb. Was uns sofort auffiel, waren die vielen Radwege und Schilder „Share the Road“ mit einem Auto und einem Fahrradfahrer darauf. Kanada ist bekannt dafür sehr fahrradfreundlich zu sein.
Unser Hotel lag mitten in der Wildnis. Vom Jetlag gezeichnet, machten wir uns am ersten Morgen schon sehr früh zu Fuß auf den Weg und hatten fast unmittelbar neben dem Hotel unsere erste Wildlife Begegnung. Ein Hirschbock (Deer). Erst jetzt wurde uns bewusst, wie nah wir wirklich an der Wildnis waren. Uns wurde auch etwas mulmig, als wir auf dem nächsten Trail eine Absperrung sahen, auf der vor einem Grizzlybär gewarnt wurde: Caution, Bear in Area!
Am Mittag machten wir uns auf den Weg nach Canmore ins Nordic Centre (Weltcup Biathlonstadion). Für 74 $ liehen wir uns zwei Fully-Bikes. Der Verkäufer erklärte uns kurz die Räder und meinte lachend „Make some noise, we have a lot of Deer here, maybe a bear and our Bikes are very quiet…“. Upps! Okay raus mit der Bärenklingel und ab auf die unzähligen Trails. Was für ein Spaß! Lustig auch, wenn die Biker schreiend und singend durch den Wald fahren um keine Wildtiere zu erschrecken. Auf der Trailmap fanden wir eine Mischung aus schwarzen, blauen und grünen Trails (most difficult, more difficult and easy). Zum Glück erfuhr ich Angsthase erst hinterher, dass der Trail den wir uns ausgesucht hatten, der "Adrenalin Loop" mit 17,75 km (mix of single an double track), eine Mischung aus allen Könnerstufen war. Auf der Rückfahrt begegnete uns am Straßenrand noch eine Herde Big Horn Schafe. Zu schnell waren wir daran vorbei um noch ein Foto zu schießen.
Banff und Lake Louise
Wieder sehr früh am Morgen machten wir uns auf den Weg nach Banff und fuhren mit der ersten größeren Touristenattraktion, der Banff-Gondola, auf den Sulphur Mountain bis auf 2451 Meter. Wir wunderten uns noch warum auf dem Ticket eine „Boarding Time“ stand, gegen später wurde uns dann aber bewusst wieso. Touristenattraktionen in Kanada sind wirklich sehr überlaufen. Zur Hauptsaison möchte man hier nicht sein. Man kann nur jedem empfehlen, sehr früh am Morgen zu kommen.
Von oben hatten wir eine Wahnsinns Aussicht über die 7.500 Einwohner Stadt Banff und die Umgebung.
Gegen später besuchten wir noch die heißen Quellen von Banff, die Cave and Basin National Historic Site. Dort ist auch die Geburtsstätte des ersten Nationalparks Kanadas.
Von unserem Hotel (ein besseres Motel) konnten wir in ca. 15 min in das Stadtzentrum laufen. Banff erinnert ein bisschen an eine Westernstadt. Wir lernten schnell, dass die Lebensunterhaltskosten in Kanada nicht gerade billig sind. Ein Bier kostet im Schnitt 7,50$. Essen gehen im Schnitt 60$ und bei einem Einkauf der für ein bis zwei Tage reichen soll, ein paar Getränke, Brot, Wurst und Käse lässt man schnell mal 40$ liegen. Okay, der Wechselkurs steht gerade nicht schlecht mit 1,48 Dollar für den Euro.
Interessant war auch der Dresscode der Kanadier. Bei 4 Grad kurze Hose,
Flipflops, Pulli und Mütze. Wieder fielen die vielen Radwege und öffentlichen Busse mit Fahrradträger auf. Sehr praktisch für 2$ mit Fahrrad. Ach! Und wenn man einmal an einem Bahnübergang halten
muss, kann das schon mal eine halbe Stunde dauern. Die Güterzüge sind hier mit drei Loks und mega vielen Wagen mit Container, teils doppelstöckig, bestückt.
In diesem Hotel hatten wir ausnahmsweise auch mal Frühstück dabei. Nachdem wir dann aber doch lieber nicht mit hunderten von Asiaten in einer kleinen Mensa aus Plastiktellern essen wollten, suchten wir uns lieber ein kleines Café in der Stadt und aßen da unser, hoppla was haben wir denn da bestellt? Oh je Knoblauchbrot und Kaffee zum Frühstück! Wir müssen noch viel lernen…
Der Banff National Park ist der älteste National Park Kanadas und umfasst 6640 km². Mit unserem Discovery Pass machten wir uns über den Bow Valley Parkway mit Tempolimit 60km/h (dieser ist eine echte Alternative zum stark befahrenen Trans-Canada Highway) entlang des Castle Mountain, mit Stopp und Wanderung zum Johnston Canyon, auf nach Lake Louise. Die National Parks sind sehr gut ausgeschildert und es gibt überall Aussichtspunkte, Picknickplätze, Campingplätze und Wanderwege mit Informationsschildern über die Umgebung, Natur, Tiere und Geschichte. So erfuhren wir zum Beispiel an einem Waldstück, dass dieses 1993 komplett abgebrannt war. Erstaunlich wie deutlich die Spuren heute noch sichtbar sind. Die 136 $ für den Discovery Pass der 2 Jahre in allen National Parks Kanadas gilt, sind wirklich gerechtfertigt.
Jasper
Am fünften Tag ging es über eine der schönsten Passstraßen der Welt, den Icefields Parkway, mit ca. 3 Stunden reiner Fahrzeit nach Jasper. Jasper ist ebenfalls ein National Park. Wir machten an mehreren Stationen Halt. Am Peyto Lake auf 2100 m, bei -1 Grad,am Columbia Icefield Gletscher, den Athabasca Falls…. Zuviel für meine Sinne. Ich konnte die vielen Eindrücke kaum noch verarbeiten. So viele Naturschauspiele. Berggipfel, Gletscher, Seen, Wald, Tiere, Wasserfälle. Es ist einfach alles dabei.
In unserem Hotel in Jasper hatten wir das Glück ein Upgrade auf eine Suite zu bekommen. Oh ja! Zwei Kingsize Betten. Getrennt schlafen hat auch was ;-)!
Jasper ist ein hübsches kleines, ruhiges Indianer Städtchen auf 1.062 Meter mitten in den Rocky Mountains. Von hier aus machten wir einen Ausflug zum Lake Maligne. Auf dem Weg dorthin stand plötzlich ein Auto mit Warnblinkanlage auf der Straße. Das konnte nur eins bedeuten: Wildlife! Langsam fuhren wir auf und schalteten unsere Warnblinker ein. Und da, ca. 10 m vom Straßenrand entfernt im Wald standen sie. Elche! Eine Elchkuh und ein Elchbulle mit mächtigem Geweih! Was für riesen Tiere. Faszinierend!
Die Provinz Britisch Columbia (BC)
Clearwater
Mit einem Sprung in eine andere Zeitzone verabschiedeten wir uns von Alberta und begaben uns nun mit 9 Stunden Zeitverschiebung zu "good old Germany" in Richtung Clearwater. Bergab. Immer nur bergab. Die Temperatur stieg auf 17 Grad. Die Umgebung sah sehr trocken aus. Doch wo ist Clearwater? Ich hatte eine kleines Städtchen erwartet. Stattdessen, ein Motel direkt am Highway, ein Einkaufsladen, ein paar Häuser im Westernstil und überall diese Wanzen. Tausende. Es krabbelte und flog überall. Pfui! Ein bisschen wie in einem schlechten Horrorstreifen. Hilfe, ich will zurück in meine Suite!

Nach einer Nacht mit Wanzen im Zimmer, machten wir uns auf den Weg in den Wells Grey Provincial Park von Clearwater. Man merkte schnell den Unterschied zu den National Parks. Die Straßen wurden schlechter. Überall Schlaglöcher, fast keine Touristen mehr und keine Giftshops an den Hauptattraktionen.
Nach dem wir mehrere Flüsse mit Lachsen und tosende Wasserfälle gesehen hatten und uns klar wurde woher wohl der Name Clearwater stammen musste, entschlossen wir uns, eine 3 Stündige Wanderung durch die Wildnis zu den 141 Meter hohen Helmcken Falls (Wasserfall) zu machen. Pure Natur und Adrenalin wenn es im Unterholz knackte. Die Bärenklingen gingen uns mit der Zeit ein wenig auf die Nerven, der Nervenkitzel ohne war jedoch zu groß. Und dann? Eine gewaltige Schlucht! Ohne jegliche Absperrung ging es vor uns 141 Meter in die Tiefe. Atemberaubend! Wunderschön!
Whistler
Die wohl längste Fahrt unserer Reise stand uns nun bevor. Mit 7 Stunden und ca. 400 km machten wir uns auf dem Gold Rush Trail auf nach Whistler. Mitten durch den wild wild West! Über spektakuläre Pässe, komplett anderer Vegetation und der Stadt Kamloops (dort werdn die Freerider geboren) mitten im Nichts. Sightseeing vom Feinsten.
Welcome to Paradise! Bikerparadies um genau zu sein! On top: Hotel mit Penthousesuite und Whirpool direkt neben dem Bett! Wie geil ist das denn Bitte? Cooles Wintersportresort, lässige Leute, Pick Ups mit Bikes, überall Bikes, Bikeshops, Bikepark, Trails was will man mehr…
Da wir in Whistler viel Biken wollten, hatten wir einen längeren Aufenthalt von insgesamt 5 Tagen eingeplant. Jedoch hatte das Bikerparadies kein Einsehen und machte uns einen Strich durch die Rechnung. Regen, Regen, Regen. Oh je. Keine Berggipfel zu sehen. Trotzdem! Wir sind schließlich nur einmal hier. Also ab auf die Leihbikes und raus auf die Valley Trails rund um den Lost Lake. Wow! So viele Trails, so viele Möglichkeiten. Überall darf man Biken. Wirklich ein Paradies! Zum Schluss waren wir wirklich „Lost“ auf den Trails. Da hilft nur eine Karte und guter Orientierungsinn (den ich nicht habe!).
Am nächsten Tag stand der weltberühmte Whistler-Bikepark auf dem Programm. 4 Grad, kurze Hose, Regenjacke, Läuft! Hätte ich nur mal meinen eigenen Fullfacehelm mitgebracht, die Leihhelme sind etwas eklig. Naja ich hab ja gutes Shampoo! Die Lifttechnik im Sessellift war echt easy. Bike drauf schieben und Platz nehmen. Super Sache. Leider war nur die Fitzsimmonszone, also der unter Teil des Bikeparks, befahrbar, da das Wetter für die oberen zwei Zonen zu schlecht war (SCHNEE!). Aber in Whistler reicht auch diese eine Zone. Man hat hier hunderte von Möglichkeiten. Und die Strecken? Alles was das Bikerherz sich wünscht von der perfekt angelegten Strecke bis hin zum technisch kniffligen Singletrail. Mega! Nur leider waren die Strecken zum Saisonende sehr, sehr abgefahren und wurden auch nicht mehr wirklich in Stand gesetzt. Schon nach der ersten Abfahrt spürten wir unsere Arme und Finger und ein klein bisschen enttäuscht waren wir dann schon. 67$ für das Tagesticket und nochmal 139$ für den Downhiller pro Person und Tag und dann keine perfekt geshappten Strecken, teilweise gesperrt oder gar nicht mehr befahrbar? Schade! Doch der Whirpool neben dem Bett und das Kaminfeuer auf Knopfdruck zauberten uns nach dem durchnässten Bikeparktag ein Lächeln ins Gesicht.
Am nächsten Tag fiel Bikepark für mich aus. Muskelkater und die angeschlagene Schulter machten nicht mit. Außerdem hatten wir mal wieder Dauerregen. Daniel entschloss sich aber nochmals zu gehen um die A-Line noch zu fahren. Ich gebe mein Geld derweil lieber in Bikebekleidung und Mitbringsel in einem der unzähligen Bikeshops aus.
Vancouver Island
Zum Abschluss schenkte uns das Bikerpardies doch noch ein Lächeln und wir konnten am Abreisetag die Gipfel bewundern. Die Fahrt von Whistler nach Vancouver Island führte über Squamish. Hier machten wir kurz Rast. Uns fiel sofort auf, dass die Straßen recht feucht waren und die Wälder und Steine sehr moosig. Kein Wunder. In den Coast Mountains bleiben die Wolken, die sich ber dem Meer bilden, hängen. Jetzt wurde uns auch klar, warum es in Whistler so oft geregnet hat. Weiter geht es bergab auf 0 Meter. Und plötzlich tauchte da zwischen den Bergen das Meer auf. Wow!
Mit der Fähre ging es in 1,5 Stunden vom Horseshore Bay Ferry Terminal nach Nanaimo auf Vancouver Island. Dort angekommen machten wir uns auf den Weg nach Port Alberni und besuchten unterwegs noch einen 800 Jahre alten "Rainforest" mit riesigen Bäumen und unbeschreiblich schöner Vegetation. Oh ich war sofort verliebt in diesen Zauberwald!
Das Motel in Port Alberni erinnerte an das in Clearwater nur ohne Bugs (Käfer). Oh man. Ich will zurück in meine Penthousesuite mit Pool neben dem Bett…verwöhnte Göre…
Am nächsten Tag ging es über viele kleine Pässe, rauf und runter, in den Pacific Rim National Park. Da! Was war das am Straßenrand. Ich drehe mich nochmals um. Ein Bär! Ich glaube es kaum. Wackelt der da am Straßenrand entlang ab ins Dickicht. Verrückt! Umso aufgeregter waren wir als wir uns auf den Rainforest Trail begaben. Schnell wieder die Bärenklingeln an den Rucksack! Wir schauten uns noch Ucluelet an und begaben uns auf den Wild Pacific Trail. In Tofino, einem kleinen Surferstädtchen nahmen wir unseren Lunch ein. Hier trampen die Menschen auch mal mit Surfbrett in Richtung Strände, sehr lässig! Nach dem Essen liefen wir noch ein Stück am schier endlosen Strand entlang, sahen einen Weißkopfseeadler und machten uns dann auf den Weg zurück über ein paar Baustellen mit Männchen Regelung (hier wären es Ampeln, aber dort gibt es halt kein Strom).
Am Abend setzten wir uns in Port Alberni an den Pier am Fluss und genossen den Sonnenuntergang zusammen mit ein paar Seelöwen, Vögeln und Schwarzbären! Ja Bären! Die spazierten dort abends tatsächlich einfach so am gegenüberliegenden Ufer entlang.
Vancouver
Mit der Fähre ging es wieder zurück ans Festland in die Metropole Vancouver mit 2,5 Mio. Menschen. Daniel hatte das Glück bei der Überfahrt am Horizont einen Wal zu sehen. Ich habe ihn leider nicht erkannt. Unser Hotel lag in North Vancouver direkt am Pier. Von dort hatte man einen wunderschönen Blick auf die Skyline von Vancouver. Wir schnappten uns die Räder vom Hotel und machten uns via Seabus (Sozusagen die U-Bahn auf dem Wasser) in 10 min übers Meer nach Vancouver. Dort fuhren wir vor Wolkenkratzern die Uferpromenade bis in den Stanley Park ab und genossen den beginnenden Indian Summer. Vancouver ist wirklich eine sehr schöne Großstadt.
Unser letzter Tag war mal wieder etwas verregnet. Wir bummelten durch Vancouver Downtown, schauten uns die Library, das Hockeystadion und die vielen Läden (Comic Book, Guns, Caps etc.) dort an. Auf den Straßen überall Überlebenskünstler. Meist stoned! Cannabis rauchen scheint hier wohl legal zu sein oder interessiert keinen.
Zum Schluss gönnten wir uns noch im Canada Place einen virtuellen 4-D Flug über Kanada. Wow! Sehr schön gemacht, man meint wirklich zu fliegen und ich muss mir beim Anblick dessen, was wir alles schon live gesehen hatten ein paar Tränen verdrücken!
Den letzten Abend lassen wir am Pier in einer kleinen Brauerei und bei einem guten Wild Lachs in einem Restaurant ausklingen. Bevor wir am nächsten Tag mit einem lachenden und einem weinenden Auge die lange Reise nach Hause antraten.
Fazit: Kanada ist und bleibt unser Traum. Es ist das erste Land bei dem ich sagen kann, hierher würde ich auswandern! Wunderschöne Natur, sagenhaftes Wildlife, Traumland für jeden Biker!
Kommentar schreiben
Michaela (Dienstag, 27 September 2016 20:48)
WOW, WOW, WOW!!! Dein Bericht und die Bilder sind mega... Da möchte man am Liebsten gleich die Koffer packen, echt toll!
Sabine (Dienstag, 04 Oktober 2016 20:58)
Tolle Fotos und ein sehr interessanter Reisebericht! Wir sind die Strecke im Mai 2016 mit dem Wohnmobil gefahren. Es ist wirklich traumhaft schön in Alberta und BC.